FdSSSR

Freiheit, die sie meinen

Sachsen hat ein neues Hochschulfreiheitsgesetz, dessen Inhalt einigen Leuten den Blutdruck hochtreibt: Studenten können gemäß § 24 Abs. 1 S. 2 SächsHSFG nach dem ersten Semester aus der verfassten Studentenschaft austreten. Die hiesige Studentenvertretung, kurz StuRa, hält das für einen Angriff auf die Demokratie, ich halte es für einen Schritt in die richtige Richtung.

Als Student ist man zwangsweise Mitglied in der Studierendenschaft und zahlt entsprechend auch Beiträge. Für die studentische Selbstverwaltung sind das gerade mal 8 € pro Nase und Semester, also kein Betrag, von dem jemand arm wird, aber es geht ja ums Prinzip: wer keine Lust hat, die Arbeit der Studentenvertretung, also Fachschaftsräte und den StuRa, zu finanzieren, der soll das meiner Meinung nach auch nicht machen müssen. Der StuRa sieht darin die Aushöhlung der studentischen Solidargemeinschaft und seiner Legitimation als Interessenvertretung der Studenten sowie seiner Funktion, „das STAATSBÜRGERLICHE VERANTWORTUNGSBEWUSSTSEIN“ (Großbuchstaben im Original) zu fördern und fragt sich:

„Wie soll das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein gefördert werden, wenn sich Studierende diesem Versuch durch Austritt entziehen können.“

Vielleicht haben sie auf die „Staatsbürgerlichkeit“ des StuRa einfach keine Lust? Oder auf deren Interpretation von „Verantwortungsbewusstsein“? Wenn die „gelebte Praxis“ dort einen Effekt auf mich hatte, dann den, dass ich ein heftiges Misstrauen gegenüber Leuten entwickelt habe, die der Meinung sind, dass Studenten als solche grundsätzlich „links“ seien, entgegen ihres Auftrages im Gesetz sich ein allgemeinpolitisches Mandat anmaßen und sich meiner Wahrnehmung nach hauptsächlich mit gendergerechter Sprache, diversen Anti-Ismen und immer wieder sich selbst befassen. Wenn jemand das nicht fördern möchte, oder einfach seine Interessen dort nicht repräsentiert sieht, dann kann er doch gerne eine Art „Abstimmung mit der Einzugsermächtigung“ vorzunehmen. Ich war ja selbst mal in einem F(dSS)SR, und in meiner Amtszeit wurden studentische Anliegen teilweise offen ignoriert, ich sehe also nicht, warum man Studenten zwingen sollte, eine Vertretung zu finanzieren, die nicht das vertritt, was sie wollen, sondern das, was einige ideologische Verblendete Leute dafür halten. Das Rätesystem trägt auch nicht dazu bei, dass der StuRa besser an die Studentenschaft angebunden ist: erstens werden dessen Mitglieder von den Fachschaften entstandt, und zweitens sind es, auch theoretisch sich jeder bewerben kann, häufig immer wieder diesselben. Nota bene: es gibt auch tolle Fachschaften, kompetente Vertreter und sicher irgendwo auch gute StuRä. Aber die verquere Argumentation, die darauf hinausläuft, dass eine freiwillige Entscheidung der Studenten dagegen, sich vertreten zu lassen, nicht anginge, weil

„der StuRa nicht mehr als Ansprechpartner wahrgenommen wird bzw. auch gar nicht als solcher auftreten kann, weil es ja Studierende gibt, die sich bewusst dagegen entschieden haben vom StuRa vertreten zu werden.“

, die führt dazu, dass ich wirklich gerne darauf verzichten würde, denen irgendwas von meinem hart ertelefonierten Geld zur Verfügung zu stellen. Egal, ob sie sich mit Betriebsräten vergleichen (hinkt, die finanziert der Arbeitgeber), der BRD (hinkt auch, das ist eine Gebietskörperschaft – und das Argument, man müsste doch dann da auch austreten können, ist gar nicht so absurd, wie sie denken) oder sich als „Impulsgeber für die Gestaltung kritischer und neuer Lebensweisen“ sehen (Muss ich was dazu sagen?), die Verachtung für Entscheidungen gegen ihre Art der „Interessenvertretung“ ist schon bemerkenswert. Wer so dermaßen darauf pocht, sich weiterhin zwangsweise legitimieren zu lassen, und das für Demokratie hält – von dem möchte ich bitte kein staatsbürgerliches Verwantwortungsbewusstsein beigebracht bekommen.